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THE FOUR SPACES AND FOUR FREEDOMS IN THE RUSSIA - EU RELATIONS (INTAS Project)

INTAS ( http://www.intas.be ) - The International Association for the Promotion of Co-operation with Scientists from the New Independent States (NIS) of the Former Soviet Union is an independent International Association formed by the European Community, European Union Member States and like-minded countries to promote East-West scientific co-operation between INTAS members and INTAS-NIS partner countries. INTAS supports both fundamental and applied research in all fields of science, such as: Physics; Chemistry; Life Sciences; Earth Sciences & Environment; Economics, Social & Human Sciences; Mathematics & IT; Space, Aeronautics & Engineering.

Research Bulletin 1

 

VIER GEMEINSAME RAUME– BLICK AUS DEUTSCHLAND.

Olga Nasarowa [1], Ein langer Weg

 

Das Abkommen über vier gemeinsame Räume, dessen Erarbeitung auf zahlreiche Probleme in den Beziehungen zwischen der EU und Russland hinwies, hat einen langen und schwierigen Weg hinter sich. Der 11. EU-Russland-Gipfel beschloss am 31. Mai 2003 in St. Petersburg die Entwicklung der vier „gemeinsamen Räume“ Wirtschaft, innere Sicherheit, äuβere Sicherheit sowie Forschung, Bildung und Kultur. Auβerdem wurde der durch das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen von 1994 eingesetzte Kooperationsrat zum „Ständigen Partnerschaftsrat“ aufgewertet. Die neue Nachbarschaftspolitik der EU soll die bestehende strategische Partnerschaft, deren Grundlage das Partnerschaftsabkommen ist, ergänzen.

Die bereits im Oktober 2001 eingesetzte High Level Group unter der gemeinsamen Leitung des damaligen stellvertretenden russischen Premiers Wiktor Christenko und des damaligen EU-Auβenkommissars Chris Patten legte auf dem 12. EU-Russland-Gipfel am 6. November 2003 in Rom ein Rahmenkonzept für den gemeinsamen Wirtschaftsraum vor. Für die übrigen 3 „gemeinsamen Räume“ wurde in Rom die Grundausrichtung der weiteren Ausgestaltung vorgezeichnet.

Das Rahmenkonzept kommt den Interessen beider Seiten entgegen. Für Russland bedeutet das neue kooperative Integrationsgeflecht keine Einschrankung seiner politischen Souveranitatsrechte. Für die EU ergibt sich die Chance, in Bereichen wie Rechtssystem, Forschung und Entwicklung, Bildung und Sicherheit auf die Entstehung kompatibler Strukturen in Russland Einfluss zu nehmen.“ [2]

Auf dem Den Haager Gipfel vom November 2004 war es den Partnern nicht gelungen, sich auf Wegekarten (Road Maps) für die vier „Gemeinsamen Räume“ Wirtschaft, Inneres, Äuβeres und Bildung/Kultur zu einigen. Im Kern hatten sich die Divergenzen an zwei Punkten festgemacht: dem Verständnis von „Freiheit“ sowie den „eingefrorenen Konflikten“ in Moldau (Transnistrien) und Georgien (Abchasien, Südossetien). Der EU-Entwurf verwies ausführlich auf die gemeinsamen Werte als Grundlage für die Partnerschaft, während die russische Wegekarte Freiheit verengt als Chance interpretierte, den Menschen in beiden Teilen Europas uneingeschränkte Reisefreiheit zu gewähren. Im Blick auf die eingefrorenen Konflikte setzte der EU-Dokumentenentwurf auf gemeinsames Konfliktmanagement, in der russischen Version dagegen fehlte jeglicher Bezug auf die Separatistengebilde. Am 10.Mai 2005 fand in Moskau turnusmäβig das 15. Gipfeltreffen EU-Russland statt, in dem ein 52 Seiten umfassendes Wegekarten-Paket verabschiedet wurde. Der Zeitpunkt war – nachträglich gesehen – nicht besonders günstig gewählt. Denn zum einen stand der Gipfel ganz im Schatten der pomposen Feiern zum 60. Jahrestag des Sieges über Nazideutschland. Und zum anderen wurde er in die Kontroverse hineingezogen, die aus den unterschiedlichen Erinnerungskulturen Russlands und der neuen EU-Mitglieder Ostmitteleuropas erwuchsen. Als Lettland sich – entgegen dem Rat aus Brüssel – nicht davon abbringen lieβ, die Ratifizierung des Grenzvertrags mit territorialen Ansprüchen an Russland zu verbinden, bezeichnete Putin dies im Gipfelkontext öffentlich als „idiotisch“. Moskau sah sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass die Repräsentanten der baltischen Staaten von „primitiver Russophobie“ und „komplexem Atavismus“ geprägt sind und das europäische Rad zum Schaden Russlands um Jahrzehnte zurückdrehen wollen (so Jastrshembskij, Putins Berater in Sachen EU).

Angesichts der schwierigen Ausgangslage sind die Ergebnisse des Moskauer Gipfels durchaus bemerkenswert. Inhaltlich orientieren sie sich gerade auch auf den beiden strittigen Feldern weitgehend an den EU-Vorgaben von Den Haag. Das weitgehende Einschwenken Russlands auf EU-Positionen verweist auf das starke Interesse der Putin-Administration an konkreten Ergebnissen: Anscheinend hat sie im Vorfeld des Moskauer Gipfels einen gewissen Druck auf das – bekanntermaβen eher konservative – Auβenministerium ausgeübt, seine wenig konstruktiven Wegekarten vom Haager Gipfel an EU-Positionen anzupassen. Freilich handelt es sich bei den Wegekarten, in denen die einzelnen Schritte zur Verwirklichung der jeweiligen Zielvorstellungen niedergelegt sind, nicht um völkerrechtlich bindende Abkommen. Vielmehr stellen sie zunächst unverbindliche Absichtserklärungen dar, bei denen zur Umsetzung der Projekte weder angepasste Mechanismen noch zeitliche Rahmen vorgegeben sind.

Gemeinsamer Wirtschaftsraum

Eindeutige Priorität im Sinne einer Triebkraft für die Partnerschaft genieβt für beide Seiten die Perspektive eines Gemeinsamen Wirtschaftsraums mit offenen, integrierten Markten. In ihm sollen schlieβlich die berühmten vier Freiheiten zur Geltung kommen: Freiheit des Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehrs. Aus der mit 20 Seiten umfangreichsten Wegekarte, die die Bereiche Energie, Telekommunikation, Transport und Weltraum einschlieβt, seien als besonders wichtig hervorgehoben:

Harmonisierung von Standards, technischen Normen und Konformitätsbewertung bei industriellen Produkten, einschlieβlich Zertifizierung von Systemen zur Kontrolle von Qualitat und ökologischer Verträglichkeit. Dass dies keineswegs auf eine vorbehaltlose Übernahme des EUGemeinschaftsrechts hinausläuft, demonstriert der Passus, dass die Gesetzesharmonisierung nur in jenen Sektoren erfolgt, in denen sie „angemessen und möglich ist“.

Im Hinblick auf öffentliche Projektausschreibung steht die Entwicklung eines einheitlichen und transparenten Systems. Dazu gehört die Festlegung gemeinsamer Regeln in der Wettbewerbspolitik, um ein gleichwertiges Umfeld für die Akteure Russlands und der EU-Staaten auf den beiderseitigen Märkten zu sichern.

Verbesserung des Investitionsklimas mit seinen Attributen Transparenz, Berechenbarkeit und Regulierungsvereinfachung nach internationalen Standards. Dazu zählt auch die Harmonisierung der Investitionsgesetzgebung einschlieβlich entsprechender gerichtlicher Überprüfung.

Ökologische Aspekte, die in der Moskauer Wegekarte von 2004 nicht expliziert waren, werden als zentrale und sektorübergreifende Aufgabe angesehen, und zwar unter Bezug auf die Umweltpartnerschaft im Rahmen der „Nördlichen Dimension“.

Intensivierung des Energiedialogs EU-Russland unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte nachhaltige Produktion, Verteilung, Transport, Verbrauch und Effizienz von Energie. Russland garantiert den fairen Handel und den Transit von Energieprodukten unter Beachtung „der den Energiechartavertrag leitenden Prinzipien“. In diesem Kontext verwies Russland auf das starke Interesse des Iran an der Schaffung von euro-asiatischen Transportkorridoren; im Zuge der Bemühungen um Beseitigung politischer Hindernisse will Russland die eigenen Positionen mit denen der EU koordinieren. Die EU ihrerseits wird Russland unter bestimmten Voraussetzungen die Perspektive eines integrierten Stromverbundes einräumen und stellt ihm ein langfristiges Abkommen über den Handel mit Nuklearmaterial in Aussicht – so die gemeinsame Wegekarte des Moskauer Gipfels. Abzuwarten bleibt, ob Russland die normativen Anforderungen tatsächlich schrittweise realisieren kann und bereit sein wird, seine Normen und Standards über die WTO-Bestimmungen hinaus an das Europäische Gemeinschaftsrecht anzupassen. Einiges spricht dafür, dass das Land an wichtigen Elementen seines eigenen Normensystems als essentiellem Teil seiner nationalen Unabhängigkeit festhalten mochte. Nicht einigen konnten sich die Partner über ein Dauerthema: die materiellen Bedingungen für die transsibirischen Überflugrechte. Um die Wettbewerbsfahigkeit der russischen Luftfahrtindustrie zu gewährleisten, bestand Putin auf der bisherigen Kostenregelung für europäische Gesellschaften wenigstens bis zum Jahre 2013.

Freiheit, Sicherheit und Justiz

Als zunehmend wichtiges Feld ihrer Partnerschaft betrachten die EU und Russland die Zusammenarbeit im Bereich der nichttraditionellen Sicherheit. So befasst sich die gemeinsame Moskauer Wegekarte teilweise recht detailliert mit Projekten in den Bereichen Grenzmanagement, Migration, Asylpolitik, Terrorismusbekämpfung, organisierte Kriminalität, Menschenhandel. Angestrebt wird eine engere Zusammenarbeit zwischen den Rechtsbehorden beider Seiten. In diesen eher technisch-organisatorischen Bereichen greift das in Moskau verabschiedete Dokument die Schwerpunkte beider Wegekarten vom November 2004 auf. Anders mit Blick auf das Verständnis von „Freiheit“. Hier beschränkt es sich nicht auf die Reisefreiheit, wie in Den Haag von Russland vorgeschlagen. Vielmehr bekennt sich die gemeinsame Wegekarte des Moskauer Gipfels ausdrücklich in verschiedenen Zusammenhängen zu gemeinsamen Werten als Grundlage für die Partnerschaft. Deren Potential könne nur dann voll ausgeschöpft werden, wenn sie von Demokratie, Herrschaft des Rechts und Unabhängigkeit der Justiz, Menschen- und Minderheitenrechten sowie Medienfreiheit geprägt sei. Auch hier ist, was die Bereitschaft und Fähigkeit der russischen Führung zur Umsetzung der Werte betrifft, ein Fragezeichen zu setzen. Wiederholt hatte Putin die genannten Werte ausführlich und in all ihren Dimensionen auch für Russland angemahnt, zuletzt in seiner Jahresbotschaft an die Nation vom 25. April 2005. Ebenso beharrlich hatte er dabei jedoch auf die spezifischen historisch-kulturellen Bedingungen Russlands für die Realisierung dieser Werte verwiesen und deren allgemeine Verbindlichkeit damit stark relativiert.

Nur geringe Fortschritte gab es auf dem Gebiet „Reisefreiheit“, dem Moskau aufgrund der mehrheitlich auf Europa gerichteten Reiseaktivitäten seiner Bürger höchste Priorität beimisst. Die EU hat der langfristigen Perspektive einer stufenweise zu realisierenden Visafreiheit grundsätzlich zugestimmt, sie aber mit dem Abschluss eines Rückübernahmeabkommens für sämtliche illegal in den EU-Raum gelangten Personen verbunden. Angesichts der mehr oder weniger offenen südlichen Grenzen Russlands ist diese Bedingung nur schwer zu erfüllen und erfordert entsprechende Abkommen Moskaus mit den Anrainerstaaten. Erschwerend kommt hinzu, dass Russland auf dem Moskauer Gipfel kundtat, nur eigene Staatsbürger zurückzunehmen, nicht aber Personen aus Drittländern, die Russland lediglich als Transitland zur illegalen Einreise in die EU nutzen. Nicht zuletzt diese für die EU-Delegation überraschende Verhärtung der russischen Position, die von Putin offenbar so nicht voll geteilt wird, verhinderte nennenswerte Fortschritte in der Visafrage. Angesprochen, wenngleich in der Wegekarte nicht erwähnt wurde auf dem Moskauer Gipfel auch der Tschetschenienkonflikt. Die EU machte das Angebot, uber humanitaren Beistand hinaus substantielle wirtschaftliche und soziale Wiederaufbauhilfe zu leisten – vorausgesetzt, der lokalen Bevolkerung werde Gelegenheit gegeben, in freien und fairen Wahlen ihren politischen Willen kundzutun und an der Gestaltung der Zukunft des Landes mitzuwirken. Die russische Seite ging auf dieses Angebot jedoch nicht ein.

Äuβere Sicherheit

Positive Überraschungen bietet die gemeinsame Wegekarte des Moskauer Gipfels zu den internationalen Beziehungen: Sie bezieht sich inhaltlich viel eher auf die europäische Variante von Den Haag als auf die russische, in der jeder Bezug auf Werte sowie auf die eingefrorenen Konflikte und die Zukunft der sensitiven geopolitischen Zwischenzone fehlte. Im Moskauer Gipfeldokument wird die Bedeutung der gemeinsamen Werte „in der Definition der Helsinki-Schlu?akte“ hervorgehoben, gelten demokratische Prinzipien und Menschenrechte als Voraussetzung für die Bildung eines gröβeren Europa. Damit wird es Moskau kunftig schwererer haben, demokratische Aufbruche im postsowjetischen Raum als westliche Verschwörung zu Lasten des russischen Einflu?bereichs zu diskreditieren. Die Betonung der Werte hatte fur den Charakter des Gipfeldokuments „Äuβere Sicherheit“ wichtige Konsequenzen:

Hinfort gilt es als „souveräne Entscheidung der Staaten“, über ihre Integration in regionale Organisationen selbst zu bestimmen. Entwicklungen wie die Verlagerung des Schwerpunkts der Ukraine von dem russisch dominierten „Einheitlichen Wirtschaftsraum“ hin zur Verdichtung der Beziehungen zur EU werden somit als legitimes Ergebnis inneren Wandels anerkannt.

In der russischen Wegekarte vom Herbst 2004 nahm der Vorschlag zu gemeinsamer Regelung regionaler Konflikte einen herausragenden Platz ein. Dabei fehlte jedoch jeglicher Bezug auf die eingefrorenen Konflikte, während das parallele EUPapier gerade in dieser als vorrangige Problemzone definierten Region dringenden gemeinsamen Handlungsbedarf sah. Auch in diesem Punkt bewegte sich Moskau: Die Partner verständigten sich auf dem Gipfel auf Kooperation und Konfliktregelung „in den an Russland und die EU angrenzenden Regionen“ (so auf russischen Wunsch der neutrale Begriff an Stelle der als zu eindringend empfundenen „Gemeinsamen Nachbarschaft“). Dies läuft – zumindest in der Theorie – auf ein Ende legitimer Dominanzansprüche Russlands im postsowjetischen Raum sowie auf die grundsätzliche Bereitschaft Moskaus hinaus, im Blick auf Georgien, Moldau und die Ukraine mit der EU zu kooperieren. Kein Thema auf dem Gipfel waren bedauerlicherweise die Entwicklungen in dem scharf autoritären Lukaschenko-Regime in Belarus, das mit wachsender Repression europäische Werte missachtet, dem friedlichen Zusammenwachsen Groβeuropas entgegenwirkt und bei einem mittelfristig moglichen demokratischen Aufbruch zum Problemfall fur die Partnerschaft EU-Russland werden konnte.

Im Zuge des demokratischen Aufbruchs in der Ukraine hatte Russland die OSZE in ihrer Relevanz deutlich herabgestuft und ihr vorgeworfen, im postsowjetischen Raum zum Instrument für politische Manipulation und zum Faktor von Destabilisierung zu werden. In der Moskauer Wegekarte vom Herbst 2004 wird die Organisation nur einmal kurz erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit friedensschaffenden, nicht aber demokratiefördernden Aufgaben. Ganz anders die gemeinsame Wegekarte des Moskauer Gipfels: Hier sichern die Partner einander zu, „die Rolle und die Effektivität relevanter internationaler und regionaler Organisationen, insbesondere die OSZE und den Europarat, zu fordern“. Dies schlieβt „die volle Implementierung aller internationalen Verpflichtungen ein, darunter auch diejenigen der OSZE“. Solche Absichtserklarungen erhöhen die Chancen fur gemeinsame Regelung der eingefrorenen Konflikte. Darüber hinaus könnten sie dazu beitragen, dass Russland allmählich traditionelle Verschworungstheorien uberwindet und zu der Einsicht gelangt, dass es die Attraktivität der EU und nicht gezielte Konspiration ist, die einzelne Lander des postsowjetischen Raums zu neuer Positionsbestimmung veranlasst.

Forschung, Bildung und Kultur

Bezüglich des Gemeinsamen Raumes der Forschung, der Bildung und der Kultur wurde die Erneuerung des Abkommens über Kooperation in den Bereichen Wissenschaft und Technologie begrüβt. Die künftige Zusammenarbeit soll sich in den nächsten fünf Jahren vorrangig auf die Bereiche Biomedizin, Gesundheit, Klima und Umweltschutz, nicht-nukleare Energie, Informationsgesellschaft sowie Ausbildung und Mobilität von Wissenschaftlern konzentrieren. Weiter soll untersucht werden, inwieweit europäische Forschungsprogramme in diesen Bereichen für russische Forscher, beziehungsweise russische Programme fur Forscher aus den EU-Mitgliedsstaaten geöffnet werden konnen. Im Bereich Erziehung wollen die europäischen Regierungen enger mit der russischen Regierung zusammenarbeiten. Russland wurde in den Bologna-Prozess aufgenommen, der die gegenseitige Anerkennung von Diplomen ermöglichen soll. Des weiteren soll Russland ab 2004 am Programm Erasmus Mundus teilnehmen. Der italienische Ratsvorsitz in Person von Franco Frattini, hatte im Vorfeld des Gipfels moniert, dass die Arbeiten bezüglich dieses Raumes insbesondere auf europäischer Seite intensiviert werden müssten.

Probleme

Obwohl das Abkommen nach langen Verhandlungen von beiden Seiten endlich unterzeichnet wurde, heiβt es noch lange nicht, dass alle Meinungsverschiedenheiten zwischen unseren Ländern überwältigt sind. In der Präambel für das gesamte Paket steht, dass die 4 Vereinbahrungen (Road Maps) auf mittlere Frist die „weitreichenden, ehrgeizigen Ziele für eine strategische Partnerschaft“ zwischen der EU und Russland vorgeben und helfen, die „gemeinsame Vision eines in Frieden, Sicherheit und Wohlstand vereinten europaischen Kontinents“ zu verwirklichen. Das sind groβe Worte, hinter denen die Wirklichkeit zurückbleiben muss. Viele der bisherigen und künftigen Schwierigkeiten haben ihre Ursache in der Asymmetrie dieser Beziehungen. „Russland braucht die EU in erster Linie als Partner für die Reform und Modernisierung seiner Volkswirtschaft; nur auf dieser Grundlage lässt sich auf lange Sicht sein Groβmachtanspruch aufrechterhalten. Die EU ist aber nicht nur am Markt Russlands interessiert, sondern auch daran, dass der groβe Nachbar im Inneren stabil ist und bleibt, möglichst demokratisch regiert wird und von ihm in der Zukunft keine Bedrohung ausgeht. Wunsch und Wille zu einer engeren Zusammenarbeit beruhen also auf durchaus unterschiedlichen Interessen. Der Kern des Streits ist das von Russland strikt abgelehnte und aus Sicht der EU unerlässliche Prinzip der inneren Einmischung“. [3] Hinzu kommt, dass im Verhaltnis zwischen einem Nationalstaat im klassischen Sinne wie Russland und einem so komplexen Gebilde wie der EU fast zwangsläufig eine gewisse Schieflage entsteht. Oft wird es, überschattet von den Beziehungen der einzelnen Mitgliedstaaten, die unterschiedlichen Interessen und ihre eigene Agenda in Moskau haben. Dass der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi im Herbst 2003 als EU-Ratsvorsitzender seinen Gipfelpartner Putin ausdrücklich gegen die Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Schutz nahm, ist vielleicht bislang das eklatanteste Beispiel. Auch Putin hat wenig Scheu gezeigt, seine politische Freundschaften mit Bundeskanzler Schröder oder Präsident Chirac auszunutzen, um die gemeinsame Haltung der EU in seinem Sinne zu beeinflussen. Andererseits hat die kritische Sicht der Herrschaft Putins und der russischen Realitäten durch den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten in der EU klar an Schärfe gewonnen. „Die russische Diplomatie jedenfalls bewies ihre alte Plumpheit, als sie vergangenen Jahres glaubte, mit dem formalen Akt der Ausweitung des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens auf die 10 neuen Mitglieder politische Geschafte verbinden zu konnen“. [4]

Ungleich sind auch die Wirtschaftsbeziehungen. Während die EU für Russland bei den Ein- und Ausfahren schon jetzt der wichtigste Handelspartner ist, hat Russland für die EU nur als Exporteur von Erdöl, Erdgas und anderen Rohstoffen eine Bedeutung. Ob die auf 19 Seiten aufgeführten Absichtserklärungen und Maβnahmen der Road Map für die Entwicklung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums – über die Standardisierung von Industrieprodukten oder den Schutz intellektueller, industrieller und kommerzieller Eigentumsrechte oder Anstrengungen zum Kampf gegen Schmuggler und Betrug – tatsächlich geeignet sind, das Investitionsklima in Russland zu verbessern, bleibt fraglich, wenn Unternehmer wie Chodorkovskij, „wegen fragwürdiger Anschuldigungen im Gefängnis sitze“. [5] Ein anderes wichtiges Problem ist der Energiedialog. Für die Energiezusammenarbeit forderte man, die Bemühungen um eine Energiegemeinschaft für die Bereiche Öl, Gas, Strom, maritime und nukleare Sicherheit, Energieeffizienz - und Einsparung zu stärken. Leider hat dieser Energiedialog keinen Fortschritt gemacht. „Während Russland eine energiepolitische Interdependenz anstrebt, um sich den Absatzmarkt EU moglichst weitgehend zu sichern, halt die EU an der diversifizierten Energieversorgung fest, um Abhängigkeit zu vermeiden“. [6] „Von der zu Beginn des Energiedialogs aufgestellten langen Liste von gemeinsamen Infrastrukturvorhaben ist nur noch fur beide Seiten wichtige s Projekt einer nordeuropäischen Gaspipeline ubrig geblieben, das die EU im Rahmen ihres Programms Transeuropäische Netzwerke mitfinanziert“. [7] Im September 2005 wurde ein bilaterales Abkommen über den Bau einer Ostseepipeline von Russland und Deutschland unterzeichnet, das schon mehrmals von baltischen Ländern und Polen heftig kritisiert wurde.

Noch ehrgeiziger klingt das Programm für die langfristig angestrebte Zusammenarbeit in einem „gemeinsamen Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts“. Hier geht es einerseits darum, Russland auf gemeinsame Werte wie Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte zu verpflichten, und andererseits um die konkrete Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der organisierter Kriminalität und des Terrorismus. Ein Schwerpunkt ist der bessere Schutz russischer Grenzen, deren genauer Verlauf im Falle der 2 von 3 baltischen Staaten noch durch die Unterzeichnung von Grenzabkommen zu bestätigen ist. Bis zuletzt verhandelt wurde über die Formulierung einer Textpassage, in der die EU der Russischen Foderation Gespräche über Visa-Erleichterungen (und langfristig sogar uber Visa-Freiheit) in Aussicht stellt, wenn im Gegenzug ein Rücknahmeabkommen über illegal Eingereiste abgeschlossen wird.

Schwerpunkte der Zusammenarbeit in einem „gemeinsamen Raum der äu?eren Sicherheit“ sollen der Kampf gegen den Terrorismus, gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und die praktische Zusammenarbeit beim internationalen Krisenmanagement sein. Die EU und Russland bekennen sich zu einer auf effektiven Multilateralismus gegründeten internationalen Ordnung und versprechen einander, die UNO zu stärken. Am heftigsten gestritten wurde in dieser Vereinbarung uber Formulierungen, wie Konflikte in der gemeinsamen Nachbarschaft zu regeln seien. Dieser Begriff, der auf die neue EU-Nachbarschaftspolitik anspielt, die sich auch an die Ukraine, Weiβrussland oder die Staaten des Kaukasus richtet, also Länder, die Russland als sein traditionelles Einflussgebiet ansieht, war für die Moskauer Diplomaten unakzeptabel. Schlie?lich einigte man sich auf den Vorschlag der EU, von angrenzenden Regionen zu sprechen. Ob es hier bei eingefrorenen Konflikten wie etwa in der Moldau tatsächlich zu gemeinsamen Bemühungen um eine Lösung kommt, ist sicher einer der ersten Tests, bei dem sich zeigen wird, was die auf Papier niedergelegten Vereinbarungen wirklich wert sind.

Perspektiven

Der Haager Gipfel signalisierte einen absoluten Tiefpunkt in den EU-Russland-Beziehungen. Zwar war es in den vergangenen Jahren gelungen, auf einer Reihe von Kooperationsfeldern gemeinsame Lösungen zu finden – von der im Ganzen positiven Regelung des Kaliningrad-Transits über die Zustimmung der EU zum WTO-Beitritt Russlands, die Ratifizierung des Kyotoprotokolls durch Moskau bis hin zur Einbeziehung der neuen EU-Mitglieder in das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA). Dennoch waren wechselseitig Unverständnis und sogar Misstrauen gewachsen und erreichten ihren Höhepunkt während des demokratischen Aufbruchs in der Ukraine. Immer unklarer wurde, was eigentlich den Inhalt der Partnerschaft ausmacht und wie sie zu realisieren sei. Der Moskauer Gipfel hat diesen Negativtrend gewiβ nicht umgekehrt, zumindest aber gestoppt. Zwar handelt es sich bei den jetzt beschlossenen Wegekarten nur um unverbindliche Absichtserklärungen, die die Partner erfüllen können oder auch nicht. Im Westen wurden die Ergebnisse von Moskau daher uberwiegend als wenig ergiebig oder sogar als irrelevant gewertet. Das scheint insofern einseitig, als die Wegekarten beiden Seiten jetzt als roter Faden für gemeinsame Projekte dienen können und Verweigerung den Gesamtinteressen zum Schaden gereichen würde. Insbesondere die Aussagen über die Zukunft der geopolitischen Zwischenzone können gefährliches Konfliktpotential zwischen Russland und der EU entschärfen. Fur eine konstruktiv-kritische Wertung der Gipfelergebnisse spricht auch, dass die Partner ganz offensichtlich groβes Interesse an einem Gelingen der in den Wegekarten fixierten Ziele zeigen. So erhielt der Ständige Partnerschaftsrat EU-Russland den Auftrag, in seinen verschiedenen Formaten über Wege und Methoden der konkreten Implementierung zu reflektieren; genannt wurden schon jetzt die Aspekte Energie, Umwelt und Visaregelung. Dies deutet darauf, dass Russland Tendenzen zu seiner Selbstisolierung entgegenwirken und die in die Krise geratene Partnerschaft mit der EU aktivieren will. Damit könnten die in den Moskauer Wegekarten formulierten Projekte als wichtige inhaltliche Vorlagen fur ein aktualisiertes oder gänzlich neues PKA bilden, das den l997 ratifizierten und 2007 auslaufenden Vertrag ersetzt. Die bereits beginnenden Diskussionen hierüber bieten die Chance, Charakter und Inhalt der Partnerschaft realistisch und perspektivisch zugleich zu definieren.

Dabei möchte ich betonen: „ein Beitritt Russlands zur EU ist nicht zu erwarten, da Russland bisher wenig Neigung zeigte, sich in Staatengemeinschaften zu integrieren, die es nicht dominieren kann“. [8] Die EU will Russland als Kooperationspartner wirtschaftlich und politisch an die EU binden, ohne eine spätere EU-Mitgliedschaft in Aussicht zu stellen. Der damalige Kommissionspräsident Romano Prodi erklärte im Mai 2002 in Moskau, dass „Russland ein wesentlicher Teil Europas sei, doch wurde sein Beitritt die Natur der EU selbst verändern. Für eine engere Verbindung Russland mit der EU müssen daher andere prozedurale Wege als ein EU-Beitritt gefunden werden, sollten die bisherigen vertraglichen Vereinbarungen nicht ausreichen“. [9]


Literaturverzeichnis

1. Timmermann, Heinz, Russland und die internationalen europäischen Strukturen.

2. Piehl, Ernst/Schulze, Peter W.: Die offene Flanke der Europäischen Union. Russische Föderation, Belarus, Ukraine und Moldau, Berlin: Berliner Wissenschafts-Verlag 2005.

3. Timmermann, Heinz, Die Beziehungen zwischen Russland und der EU, in: Gerhard Mangott: Russia Relaunched. Aussenpolitik in Putins Russland, Baden-Baden: Nomos 2005.

4. Rosengarten, Ulrich, Die Europäische Union und Russland – eine schwierige Partnerschaft.

5. Meier, Christian, Nach der Dumawahl. Zur Gestaltung der Partnerschaft EU-Russland. Berlin 2003.

6. Frankfurter Allgemeine Zeitung.

7. www.swp-berlin.org


(1) - Dieser Artikel wurde von mir während des Studiums an der Universität Hamburg verfasst. >>>

(2) - Meier, Christian, Nach der Dumawahl. Zur Gestaltung der Partnerschaft EU-Russland. Berlin 2003. >>>

(3) - FAZ, den 10. Mai 2005 >>>

(4) - FAZ, den 10. Mai 2005 >>>

(5) - FAZ, den 5. Juli 2005 >>>

(6) - Rosengarten, Ulrich, Die Europäische Union und Russland – eine schwierige Partnerschaft, in: Das Parlament, 2.2.2004. >>>

(7) - Meier a.a.O >>> .

(8) - Timmermann, Heinz, Russland und die internationalen europäischen Strukturen, in: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Russland in Europa? Innere Entwicklungen und internationale Beziehungen – heute. >>>

(9) - Rosengarten, Ulrich, Die Europäische Union und Russland – eine schwierige Partnerschaft, in: Das Parlament. >>>

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